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05.07.2021

Pflege-Report 2021: Deutlicher Anstieg der Sterblichkeit in deutschen Pflegeheimen während der ersten beiden Pandemiewellen

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) veröffentlicht Ergebnisse

In deutschen Pflegeheimen sind in den ersten beiden Wellen der Corona-Pandemie deutlich mehr Menschen gestorben als in den Vorjahren. Bereits im Frühjahr 2020 lag die Sterblichkeit um 20 Prozent und im Herbst um 30 Prozent über dem Mittel der Jahre 2015 bis 2019. In der 52. Kalenderwoche (21. bis 27. Dezember 2020) lag die Übersterblichkeit sogar bei 80 Prozent.

Laut Report haben sowohl das Coronavirus selbst als auch die Gegenmaßnahmen die Bewohner*innen in den Einrichtungen schwer getroffen. Dr. Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereiches Pflege im WIdO und Mitherausgeberin des Pflege-Reports: „Die Infektionsschutzmaßnahmen während der Pandemie reichten nicht aus, um die im Heim lebenden pflegebedürftigen Menschen ausreichend zu schützen“.

Gleichzeitig kamen laut Studie negative soziale Folgen, zum Beispiel durch Besuchsverbote hinzu. Mehr als 70 Prozent der Heimbewohnenden gaben an, sich einsamer zu fühlen als vor der Pandemie. Mehr als die Hälfte beklagte verschlechterte psychische und physische Leistungsfähigkeit. Der Pflege-Report enthält zudem die Ergebnisse einer Angehörigen-Befragung. Für 43 Prozent der befragten Angehörigen war ein persönlicher Kontakt zu den Pflegebedürftigen zwischen März und Mai 2020 nicht möglich. Eine Verschlechterung der geistigen Fitness und der psychischen Gesundheit aufgrund der coronabedingten Einschränkungen haben rund zwei Drittel der Befragten wahrgenommen.

Regionale Sicherstellung der Pflegeversorgung durch pflegebezogene Selbsthilfe

Darüber hinaus befasst sich der Pflege-Report 2021 mit der kommunalen Pflegepolitik als „sozialraumorientierte Daseinsvorsorge“ und bewertet Zusammenschlüsse von Angehörigen in der Pflegesituation als besonders bedeutungsvoll, um Familien, die sich durch ein fehlendes Schnittstellenmanagement allein gelassen fühlen, aufzufangen.

Die Autor*innen resümieren, dass es sich bei der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Für die Gewährleistung einer leistungsfähigen, ortsnahen und abgestimmten ambulanten sowie stationären Pflege wäre eine funktionierende Kooperation der Länder, Kommunen, Pflegeeinrichtungen und der Pflegekassen unter Mitwirkung des Medizinischen Dienstes erforderlich. Dies gilt auch für die Förderung der Pflege durch hauptberufliche und ehrenamtliche Pflegekräfte sowie durch Angehörige, Nachbarn und Selbsthilfegruppen. Die Einbindung der Selbsthilfe sowie des Ehrenamtes und des bürgerschaftlichen Engagements trüge auch der Tatsache Rechnung, dass die Herausforderungen des demografischen Wandels nur unter Aktivierung aller Ressourcen zu bewältigen wäre, einschließlich des sozialen Kapitals.

Quellen:

Wissenschaftliches Institut der AOK

Pflege-Report 2021

Text: Anja Schödwell